Tumore der Schilddrüse

Bösartige Tumore sind in 95 % Tumore epithelialer Herkunft (Karzinome), davon sind 80 % differenzierte und 10 % undifferenzierte Karzinome. 5-8 % der Karzinome gehen von den C-Zellen aus (medulläre Karzinome). Die Inzidenz des Schilddrüsenkarzinoms ist seit 1984 im Ansteigen begriffen und betrug im Zeitraum 1996-2001 12.67 auf 100 000 Frauen bzw. 5.33 auf 100 000 Männer. Das Verhältnis zwischen Frauen und Männer beträgt 2-3:1. Ein erhöhtes Risiko besteht bei externer Bestrahlung der Halsregion im Kindesalter. Durch die bessere Jodversorgung gibt es eine Verschiebung zu den biologisch gutartigeren Varianten (papilläres Schilddrüsenkarzinom) während im Jodmangelgebiet der Anteil follikulärer und undifferenzierter Karzinome höher ist.

Differenzierte Schilddrüsenkarzinome

Papilläres Karzinom:

Das papilläre Karzinom ist der häufigste Typ, das Wachstum verläuft grob-invasiv. Oft findet man multizentrische Tumoren. Die Altersverteilung ist gleichmäßig, sie können sich bereits im jungen Alter manifestieren. Die Metastasierung erfolgt primär lymphogen (Lymphknotenmetastasen). Die 5-10 Jahres Überlebensrate beträgt beim papillären SD-Karzinom 80-90 %.

Histologisch finden sich Milchglaskerne, typische Kerneinschlüsse sowie Psammomkörper. Die Diagnose kann daher bereits zytologisch nach durchgeführter Feinnadelpunktion vermutet werden. Häufig findet man Mischtumoren (papillär-follikuläre Karzinome).

Follikuläres Karzinom:

Das follikuläre Karzinom tritt zumeist solitär einseitig mit einem Altersgipfel im 5. Lebensjahrzent auf. Eine Abgrenzung vom follikulären Adenom erfolgt nur durch den Nachweis von Gefäß- oder Kapseleinbrüchen von Tumorzellen. Die Metastasierung erfolgt primär hämatogen (Lunge, Skelett). Eine Diagnose kann daher nur histologisch nach Entfernung des Knotens gestellt werden. Die 5-10 Jahres Überlebensrate beträgt beim follikulären SD-Karzinom 60-75 %.

Onkozytäres Karzinom (Hürthle-Zell-Tumor):

Eine Sonderform des differenzierten SD-Karzinoms ist das onkozytäre Karzinom. Histologisch finden sich eosinophile Zytoplasmakörper und zahlreiche Mitochondrien. Auch hier ist eine Abgrenzung zum onkozytären Adenom nur durch den Nachweis invasiven Wachstums möglich. Onkozytäre Karzinome haben im Allgemeinen eine ungünstigere Prognose als die übrigen differenzierten SD-Karzinome da sie zumeist kein Radiojod speichern und somit einer Diagnostik und Therapie mit Radiojod nicht zugängig sind.

Undifferenziertes SD-Karzinom: Altersgipfel im 6.-7.LJZ. Die 5-10 Jahres Überlebensrate beträgt beim undifferenziert anaplastischen Karzinom 0-5 %.

Medulläres SD-Karzinom: familiär: bereits 3.LJZ, sporadisch.  Die 5-10 Jahres Überlebensrate beträgt 50 %.

Klinik

Die Beschwerden beim SD-Karzinom sind im allgemeinen unspezifisch: zumeist werden mehr oder minder rasch wachsende Strumaknoten bemerkt oder lediglich sonographisch erkannt. Eine Lokalsymptomatik fehlt zumeist oder ist nur gering ausgeprägt. Spätsymptome können sich in Form von Schluckbeschwerden, Heiserkeit, sowie Lymphknotenvergrößerungen manifestieren. Medulläre Karzinome können mit Durchfällen einhergehen.

Diagnostik

Was die Dignitätsabschätzung durch die Szintigraphie anbelangt, so ist es allgemein bekannt das heisse, d.h. hyperfunktionelle Knoten äußerst selten, in einem Prozentsatz von unter 1 %, maligne sind. Im Gegensatz dazu weisen kalte, also hypofunktionelle Knoten eine Karzinomhäufigkeit von knapp unter 10 % auf, abhängig vom Geschlecht und der Jodversorgung. Was weniger bekannt ist, ist daß auch normal (indeterminiert) speichernde Knoten die praktisch idente Malignitätswahrscheinlichkeit aufweisen. Das ist insbesonders dadurch einleuchtend, daß das Kriterium „Kalt“ eine Variable der Größe des Schilddrüsenknotens darstellt, d.h. daß bei kleineren Knoten das umgebende normofunktionelle SD-Gewebe eine endokrine Funktion des Knotens vortäuscht. Damit zeigt sich, daß die planare Szintigraphie zur Dignitätsabschätzung von kleinen SD-Knoten unter 1-1,5 cm eigentlich wertlos ist.

Auch nach sonographischen Kriterien ist die Dignitätsabschätzung schwierig und abhängig von der Jodversorgung. Vor allem der echoarme Knoten gilt als potentiell karzinomverdächtig, wobei eine andere Echostruktur dieses nicht ausschließt. Solitäre echoarme Knoten gelten besonders als karzinomverdächtig, wobei hier, abhängig von der Größe, ein differenziertes Vorgehen zu empfehlen ist. Aufgrund unzureichender Materialgewinnung bei der FNP werden bei kleinen Knoten unter 1 cm meist kurzfristige sonographische Verlaufskontrollen durchgeführt, wobei mit Hilfe der ultraschallgezielten Feinnadelpunktion (FNP) selbst 5 mm haltende Karzinome präoperativ zytologisch diagnostizierbar sind. In dem Bereich unter 15 mm Durchmesser erübrigt sich die Szintigraphie aus den vorhin genannten Gründen, wobei hier der nächste Schritt die FNP, am besten ultraschallgezielt, sein sollte. Nur bei Knoten über 15 mm ist die Szintigraphie zur weiteren Dignitätsabschätzung wertvoll, wobei lediglich bei hyperfunktionellen Knoten auf eine FNP verzichtet werden kann.