Radiojodtherapie (RJT)

Definition

Verabreichung des Beta- und Gamma-Strahlers I-131in Kapsel- oder flüssiger Form zwecks gezielter Behandlung bestimmter Schilddrüsenerkrankungen.

Indikation

Überfunktionsneigung bei bestehender Struma und funktioneller Autonomie (vor allem bei fortgeschrittenem Alter, erhöhtem OP-Risiko, ablehnender Haltung gegenüber OP, vorangegangem operativen Eingriff an der Schilddrüse), Mb.Basedow (unter Kortisonschutz nach vorheriger 12-18 monatiger thyreostatischer Therapie), persistierende Überfunktionsneigung oder Rezidiv nach Operation, Verkleinerungstherapie bei grosser Struma, Restablation beim Schilddrüsenkarzinom nach vorheriger chirurgischer Resektion (Thyroidektomie), Behandlung von Schilddrüsenkarzinomrezidiv oder – metastasen. 

Ziel

Beseitigung der Hyperthyreose, Beseitigung der Autonomie, Volumenreduktion der Struma. Restablation der Schilddrüse nach Thyroidektomie bei Schilddrüsenkarzinom, Therapie von Rezidiv oder Metastasen eines Schilddrüsenkarzinoms

Vorbereitung und Voraussetzung

Bei Verabreichung von therapeutischen Aktivitäten von über 185 MBq ist bislang in Österreich die stationäre Aufnahme an einer Therapiestation vorgeschrieben. Wenn möglich sollte ein Thyreostatikum (Favistan, Prothiucil) spätestens 3 Tage vor der Radiojodtherapie abgesetzt werden oder zumindest möglichst niedrig dosiert werden. Auch eine exzessive Jodexposition (z.B. Röntgenkontrastmittel) sollte im Zeitraum von 3 Monaten vor der Radiojodtherapie vermieden werden. Bei der RJT der funktionellen Autonomie sollte zum Schutz des gesunden Schilddrüsengewebes das bTSH supprimiert sein (< 0.03 mU/l). Weiters sollte der Patient kooperativ und kontinent sein. Weiters: Aufklärung des Patienten, Ausschluß einer SS, Kontrazeption über 6 Monate nach durchgeführter Radiojodtherapie.

Durchführung

Zur Ermittlung der Therapiedosis wird zunächst ein Radiojodtest durchgeführt. Hierzu wird dem Patienten eine Testdosis verabreicht und die prozentuale Aufnahme in der Schilddrüse und die effektive Halbwertszeit ermittelt. Zusammen mit der zu erzielenden Herddosis und dem Zielvolumen wird hieraus die therapeutische Dosis errechnet. Beim Schilddrüsenkarzinom werden zumeist Standarddosen verabreicht. Die eigentliche Behandlung erfolgt an der Therapiestation durch eine perorale Verabreichung von J-131 in Form einer Gelatinekapsel am nüchternen Patienten. Die Entlassung aus der Therapiestation erfolgt bei Unterschreiten der zulässigen Ganzkörperaktivität (dzt.: 185 MBq in 1 m Distanz), welches je nach verabreichter Dosis und prozentualer Aufnahme in der Regel nach 3 bis maximal 5 Tagen erreicht ist.

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen sind im allgemeinen selten und von geringer Ausprägung: Bei grosser Schilddrüse und hohen therapeutischen Aktivitäten kann 1-2 Tage nach Applikation eine Strahlenthyroiditis auftreten, welche durch Kortison therapeutisch gut beherrscht werden kann. Zur Vermeidung einer Entzündung der Magenschleimhaut wird dem Patienten unter der Therapie prophylaktisch ein Magenschutz verabreicht. Vorübergehend kann durch die Zerstörung von Schilddrüsengewebe eine Überfunktion auftreten, welche eine medikamentöse Behandlung erfordern kann. Bei hohen Dosen (Schilddrüsenkarzinom) und bei wiederholter Anwendung kann es langfristig zur chronischen Entzündung der Speichelddrüsen und Sistieren des Speichelflusses kommen, weshalb während der Behandlung für einen ausreichenden Speichelfluss zu sorgen ist.

Risiken

Das Risiko der Radiojodtherapie ist vergleichsweise dem Risiko des alternativen Verfahrens (operativer Eingriff an der Schilddrüse) gegenüberzustellen. Im Vergleich dazu beträgt das Risiko bzgl. Tod durch eine SD-Operation: 1: 1000. Die Strahlenexposisition des Knochenmarkes und der Gonaden entspricht in etwa der röntgendiagnostischer Maßnahmen (z.B. CT-Abdomen). Das stochastisches Risiko bzgl. der Entwicklung von Malignomen beträgt 1:10 000 Behandlungen (4. Ordnung), das genetische Risiko: 1:100 000 Behandlungen (5.Ordnung). Eine Kontrazeption über 6 Monate nach erfolgter RJT wird dennoch angeraten.